Lotto ist kein Name und auch kein Getränk, mancher muss schon rennen wenn er nur an Lotto denkt…

Ich spiele Lotto. Wie die meisten Lottospieler, wenn es um große Jackpötte geht. Letztens waren es 90 Millionen Euro. Alter Schwede, mit einem Fingerschnips oder 2,50 Euro saureich.

Als ich noch Raucher war und sowieso Geld in Rauch aufgehen ließ, spielte ich die Geburtsdaten meiner Kinder. Eigentlich Einfallslos, viele Spieler müssen die abstrakten Zahlen mit etwas Handfestem verbinden. Geburtsdaten bieten sich also an, es ist auch eine gute Methode sich die Geburtstage der Kinder zu merken. Ich musste lernen, daß Geburtstagszahlen meinem Spielvergnügen abträglich sind. Man weiß was kommen muß, sieht samstags und/oder mittwochs in den Nachrichten die Zahlen und denkt sich: „nicht einmal ein Dreier“. Noch schlimmer war es, als sich die Familie noch zur Ziehung der Lottozahlen vor dem Fernseher versammelte. Vater und Mutter mit dem Schein in der Hand. Totale Aufregung und Euphorie, mit jeder gezogenen Zahl, mit jedem Bällchen, das ins Röhrchen fiel, schwand die Stimmung. Endorphinabbau in sechs Stufen. Nach der vierten falschen Zahl, war dann jedes Glückhormon abgebaut und es ging noch zwei Stockwerke tiefer. Da half „Wetten dass???“ auch nicht mehr. Cognacbohnen, Wein und Salzletten mussten her, Gummibärchen für die Jugend.

Totale Frustration! Geld ausgegeben für ein Glücksspiel und dann auch noch Pech gehabt. Ein wohlhabender Freund sagte mir einmal: „Mit Geld kann spielen, wenn man eins übrig hat.“ Für mich heißt das also, wenn ich eins übrig habe, spiele ich Lotto—also selten.

Um erfahrene Enttäuschungen zu vermeiden, habe ich mein Tipverhalten geändert. Ich spiele jetzt einen Quicktip, wohlgemerkt einen. Der Lottokassencomputer spuckt eine zufällige Zahlenkombination aus, druckt diese auf eine Art Kassenzettel—fertig. Jetzt könnte man dem Lottocomputer unterstellen er würde die kommende Gewinnkombination kennen und gäbe nur Zahlen aus, die nicht gewinnen. Manchmal denke ich das, aber es ist doch eher unwahrscheinlich. Auch ich habe keine Ahnung welche Zahlen gewinnen könnten. Sie zu kennen würde mein Vergnügen doch stark einschränken, denn ich wüsste ja schon vor der Ziehung: Pech gehabt! oder noch schlimmer: Glück gehabt!

90 Millionen Euro sind eine beängstigende Summe. Man stelle sich vor man müsste Minuszinsen zahlen, nur weil das Geld auf der Bank das Konto verstopft. Eine schreckliche Vorstellung. Jeden Tag schrumpft der Geldberg ein bisschen, bis kein Cent mehr übrig ist. Oder man müsste die vielen Scheine zu Hause aufbewahren, in einem schweren Tresor. Vermutlich trägt der Holzboden gar nicht so viel Gewicht. Die Türe müsste man ständig mit mindestens 10 Schlössern verriegeln und die vielen Sicherheitskameras und die Alarmanlage! Jeder Nachbar würde sich Fragen, na was haben die denn, wofür sie so eine laute Alarmanlage brauchen? Denn man würde ständig den Code vergessen oder ihn zu langsam eingeben, in das sauteure Sicherheitssystem, das doch schon ein Prozent des Scheinestapels verbraucht hat. Die Sirene würde ständig losgehen. Die Nachbaren fallen dann aus dem Bett, denken sich, der Arsch mit dem Tresor und zeigen einen an! Dann brauchts ständig gute Anwälte die wiederum die Nachbarn verklagen, damit es auf einen Vergleich hinausläuft. Wieder eine ungeheuere Ausgabe, die am Reichtum nagt. Aaaah, nicht auszuhalten!

In meiner Fantasie ist das eine andere, Sache. Da gibt es keine Minuszinsen, keine gierigen Verwandten und keine betrügerischen Anlageberater, die mir nur das sauer erspielte Geld abknöpfen wollen! Nein, alles ist super! Ich kann zum Beispiel mit meiner Familie im Zug nach Ulan Bator fahren. Im Privatwagon, ha! Oder mir ein Segelschiff bauen lassen, mit dem wir elegant über die Ozeane nach Wohinauchimmer reisen. Wir können ein schönes Haus mit einem sehr, sehr, sehr großen Garten bewohnen. Der Garten wäre so groß, daß man sich darin verlaufen könnte und mehrere Tagesmärsche zum nächsten Gartentürchen bräuchte. Dann kann man auch unliebsame Gäste einladen und in aller Ruhe grillen, denn die Gäste werden sich wohl verlaufen haben. Die findet man dann, nach ein zwei Tagen. Ängstlich, ausgehungert, durstig und nach einem dünnen Tee mit einem Butterbrot, fahren sie dankbar wieder nach Hause. Und kommen trotz Einladung nicht so schnell wieder. Ich kann dutzende Stadtgrundstücke kaufen und einfach nichts damit anstellen. Dort kann dann Platz finden, was sonst keinen hat oder ich könnte dort eine Brennesselplantage anpflanzen, mit Brennesseln die schon brennen, wen man zu genau hinschaut. Kurzum, ich kann so gut wie jeden Unfug anstellen, der mir in den Sinn kommt.

Wenn ich also Lotto gespielt habe, kann ich mir morgens um halb fünf—viel zu früh, im warmen Bett liegend vorstellen, was ich mit so einem Haufen Geld anstellen würde. Das gleicht meine schlechte Laune wieder aus, die der zu frühe Vogel mit sich bringt. Bin ich dann aus dem Bett gekrochen und schlürfe ausgeglichen an meinem Kaffee, überlege ich, ob ich den sehr wertvollen Schein zur Lottotante trage und einmal nachschauen lasse. Aber dann sitze ich im Atelier und denke mir: „ach, schau an, jetzt hab ich den Schein vergessen.“

Wie aus dem Märchen, die Lottofee:

 

Minuszinsen: Ich leihe der Bank Geld, zahle dafür Zinsen, daß wenn sich jemand Geld von der Bank leiht, dieser Zinsen dafür zahlt. Europäsche Nullzinspolitik, mit freundlicher Empfehlung: Ihre Bankenlobby

5 Gedanken zu “Lotto ist kein Name und auch kein Getränk, mancher muss schon rennen wenn er nur an Lotto denkt…

  1. Sehr vergnüglich zu lesen dein Lottotext. Besonders deine eigens angebaute Brenneselplantage, „mit Brennesseln die schon brennen, wen man zu genau hinschaut“ hat es mir angetan. Prächtig prächtig. Und dankeschön für den Lacher. Ich habe übrigens letzte Woche 18,60 Euro gewonnen.

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    1. was wirst du mit so einem großen gewinn tun? ihn in der zuckerdose horten? vermutlich schon bei einer drallen backwarenfachverkäuferin verprasst;)
      das wort „horten“ wollte ich auch noch im text unterbringen, habs dann aber vergessen… danke für die blumen:)

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